So schmeckt es in Schuberts Brasserie
Seit einigen Monaten ist das ehemalige Restaurant Zauberlehrling in den Händen von Inhaber und Sommelier Jan Schubert sowie Küchenchef Robert Awakjan – eine spannende Liaison!
Eine Brasserie ist weniger formell und einfacher ausgestattet als ein Restaurant, verfügt jedoch im Gegensatz zu einem Bistro über eine größere Auswahl an warmen Speisen“, steht in der Online-Enzyklopädie Wikipedia geschrieben und ist mit dieser Definition nicht weit von Schuberts Brasserie entfernt, die sich seit Ende vergangenen Jahres in den Räumlichkeiten des ehemaligen Restaurants Zauberlehrlings befindet. Das Flair ist nämlich elegant wie leger, und das Speisenangebot schlägt einen schönen Bogen von französischen Klassikern bis hin zu deutscher Hausmannskost. Wobei die Gerichte auch etwas freier interpretiert werden, wenn etwa ein Cordon Bleu mit Trüffeln aufgehübscht oder eine Rindsroulade von einem Kartoffel-Rauchmandel-Püree begleitet wird.
Ohnehin nutzt Küchenchef Robert Awakjan, der in der Ole Deele und im Kaiserhof am Herd stand, die beiden Küchenrichtungen bestenfalls als Leitplanken. Nichts scheint hier dogmatisch. Eine Jakobsmuschel wird beispielsweise nach Art einer peruanischen Ceviche in Limettensaft mariniert (16,50 Euro) und kommt mit Selleriestampf, Saiblingskaviar und herzhaftem, süßlichem Jus auf den Tisch. Herrlich! Für ein Frikassee wird gar geangelt: Das klassische Fleischgericht wird nämlich mit saftiger und festfleischiger Seezunge (28 Euro) serviert. Basis der kräftigen Soße sind Fischfond, Sahne, Mehl, legiert mit Ei, hinzukommen viele Kapern. Schließlich noch wilder Brokkoli und Buchenpilze, die bestens dazu passen.
Eine Floskel
Bei beiden Gerichten scheint Awakjan auch eher eine Gesamtharmonie im Kopf gehabt zu haben. Die feinfleischigen Muscheln (und bedingt auch die Seezunge) tragen eher zum Mundgefühl bei, sind in den Geschmack eher eingebunden, als dass sie aromatisch hervorstechen würden – eine Gratwanderung, aber sie funktioniert hier gut. Da braucht es nicht mehr viel zum Glück, außer einem Glas Wein aus der respektablen Karte, die das Team dann allerdings etwas besser kennt als die Waren, die es in der Küche hat. Waren, die allesamt von guter Qualität sind, keine Frage, aber auch weniger „erlesen“, als der Werbetext auf der Internetseite vermuten lässt. Warum man solche Floskeln in die Öffentlichkeit trägt, wenn man sie nicht lebt, oder sich von irgendwelchen PR-Schlaumeiern auftexten lässt, bleibt uns ein Rätsel.
Kulinarische Raufbolde
Etwas enttäuscht sind wir auch von der Kalbstafelspitzsülze (13 Euro), die mit passabler Frankfurter Grüner Soße, (exzellent mariniertem) Spargel und einem modischen Unsinn wie Bratkartoffel-Gel auf den Tisch kommt, das in der Konsistenz zu sehr mit der Frankfurter Soße einhergeht. Als knusprige Elemente werden Brotchips eingesetzt, anstatt genau hier das Kartoffelthema aufzugreifen. Kurz: Bratkartoffel-Gel braucht kein Mensch, aber sei´s drum, das alles macht nämlich die strahlende, aufmerksame Servicekraft mit einem Lächeln fast vergessen. Und es wird auch kulinarisch wieder spannend: Mit Blutwurst, Bratkartoffeln und Zwiebeln (12 Euro) schickt Awakjan ein paar kulinarische Raufbolde in den Boxring des Tellerrands, dazu gibt´s gebackenes Eigelb und geröstete Cashewnüsse – das ist was los am Gaumen! Klasse!
Gefälliger Friedensstifter
Als höchst gefälliger Friedensstifter entpuppt sich demgegenüber der Mischsalat mit Kräutern und Staudensellerie (13 Euro) in Himbeerdressing, mit karamellisierten Nüssen, Oliven-Tapenade und einer exzellenten Crème Brûlée von Ziegenfrischkäse. Ein wundervoll rustikales Gericht, nicht nur, weil alle Komponenten frisch und gut abgeschmeckt sind: Süße, Säure und Bitterkeit, Biss und Cremigkeit, Wärme und Kälte – das harmonische Gericht macht rundum Spaß zu essen. Herausragend ist dann auch der Maibock (21 Euro): Das Reh (als Ragout und gebraten unter einer Kräuterkruste) wird mit Kartoffelplätzchen und Kräuterseitlingen (gegrillt, als Chutney und luftige Creme) serviert.
Obendrein ist die Hauptspeise ein Paradebeispiel für eine echte Wohlfühlküche, von der man gern mehrmals im Jahr kosten möchte. Ohnehin ist eine gute Brasserie ja eine Lokalität, die man durchaus öfters besucht. Nein, das steht jetzt nicht bei Wikipedia. Aber vielleicht ergänzen wir das irgendwann einmal, ist ja bekanntlich eine freie Enzyklopädie. Und dann listen wir als gutes Beispiel das Schuberts auf – welche Stärken Robert Awakjan und Jan Schubert wohl in Zukunft noch weiter herausarbeiten? Wir sind gespannt und sicher nicht das letzte Mal hier gewesen.
Fazit
Tolle Wohlfühlküche mit vielen Facetten, dazu serviert Inhaber und Sommelier Jan Schubert erlesene Weine. Gesamt 8/10 (Küche 8, Ambiente 9, Service 8)
Kontakt
Schuberts Brasserie
Geibelstraße 77
30173 Hannover
Telefon: +49 511 89963633
E-Mail: info@schuberts-brasserie.de
Internet: www.schuberts-brasserie.de
Öffnungszeiten: Di bis Do: 17.30 bis 22 Uhr, Fr bis Sa: 17.30 – 23 Uhr
Barrierefreiheit: Restaurant ja, Toiletten nein.