Die Gläser sind poliert, die Amaryllis geliefert, die Speisekarte steht: Samstag eröffnet Jan Schubert (40) im ehemaligen „Zauberlerling“ an der Geibelstraße „Schuberts Brasserie“, das erste eigene Restaurant des Restaurantfachmanns, Hotelbetriebswirts und Sommeliers. „Es ist alles sehr aufregend“, sagt der Gastronom, „zurzeit schlafe ich schlechter ein und wache umso früher auf.“ Doch inzwischen überwiegt die Vorfreude, in dem feinen Südstädter Lokal Genussmenschen zu bewirten.
Die wünscht sich der 40-Jährige für seine Brasserie, in der er gratinierten Ziegenkäse mit Tomatenchutney und Cashewnüssen, Steak Tartare, gebratenen Steinbeißer oder Rumpsteak mit provencialischem Gemüse und Café-de-Paris-Butter servieren wird. „Wir machen eine feine, aber gutbürgerliche Küche, in der Klassiker der französischen Kochkunst auf regionale deutsche Speisen treffen“, sagt Schubert. Die acht Vorspeisen sollen 7,50 bis 17 Euro, die sieben Hauptgerichte 17 bis 28 Euro kosten, die Karte wird vierteljährlich wechseln. Gepachtet hat er das Lokal für fünf Jahre von Roderick von Berlepsch (42), der seinen vornehmen „Zauberlehrling“ im Mai schließen musste – es lief nicht mehr. Auch Schubert hatte in dem Vorgänger eine Weile als Sommelier und Serviceleiter gearbeitet. Die beiden Gastronomen trafen sich auf dem Maschseefest, kamen ins Gespräch, Schubert legte sein Brasserie-Konzept vor, von Berlepsch (dem auch die Immobile gehört) war überzeugt.
Vieles werden Kunden aus „Zauberlehrling“-Zeiten wiedererkennen: die extravagante Kunst an den Wänden, die gemütliche Raucherlounge mit schweren Sofas und Sesseln im oberen Stockwerk, in der man am Kamin ein Glas Wein oder eine Zigarre genießen kann (es gibt 30 Sorten für fünf bis 30 Euro pro Stück). Auch der legendäre Weinkeller, in dem noch knapp 2000 Flaschen lagern, wird künftig wieder als Gastraum genutzt werden.
Die eigene Brasserie ist die vielleicht spannendste Station im bewegten Leben des gebürtigen Berliners. In der Hauptstadt lernte Schubert Restaurantfachmann. Seine Chefs im „Engelbrecht“ waren die Hannoveraner Florian und Jennifer Schüssler, die ihrerseits im „Clichy“ von Ekkehard Reimann (76) gelernt hatten. „Über sie kam ich nach Hannover“, erzählt der Gastrofachmann, der 2003 ebenfalls im „Clichy“ anfing und nebenbei drei Jahre die Hotelfachschule besuchte. „Ich wollte mich immer weiterentwickeln, persönlich und fachlich.“ 2013 ließ er sich zum IHK-zertifitiertem Sommelier ausbilden. „Und danach zog es mich in die weite Welt“, sagt Schubert.
Auf der „MS Europa 2“ arbeitete er fünf Monate als Weinkellner, „damit machte ich einen Kindheitstraum wahr.“ Schubert fuhr von Monte Carlo über Sardinien, Sizilien, Korsika, Capri und die griechischen Inseln bis nach Dubai. Von dort ging es nach St. Moritz, wo er als Sommelier im Hotel Kempinski begann. Nach einer weiteren Station in Kitzbühel sehnte er sich nach Sesshaftigkeit – und kehrte zurück nach Hannover. „Ich hatte zwei Jahre nur in Personalwohnungen gelebt, ich brauchte wieder ein Zuhause.“ Beruflich fand er das abermals bei dem Mann, der ihn stark prägte: bei Ekki Reimann im „Clichy“. „Er ist ein guter Chef, ein toller Mentor und heute auch ein Freund“, sagt der 40-Jährige über den 76-Jährigen. Schuberts gastronomischer Weg führte ihn weiter in die Küche der Nord/LB, wo er mit Küchenchef Oliver Rasper (49) arbeitete, und in die „Weinbasis“ von Sebastian Wilkens (34), wo er als Sommelier vorübergehend die Weinbar „Taste“ leitete.
Jan Schubert hat viel gesehen, er bringt viel Erfahrung mit. Doch nichts ist so aufregend wie die Eröffnung des ersten eigenen Lokals. Nur fünf Köpfe zählt sein Team, in der Küche führt Rico Kraemer (32) die Regie – ein Weggefährte aus gemeinsamen „Clichy“-Zeiten. Doch wenn die ersten Abende mit Bouillabaisse, Jacobsmuscheln und Berliner Blutwurst mit Elsässer Kraut geschafft sind, wird der Chef auch sicher wieder gut einschlafen.